16.03.: Der folgende folgende offene Brief wurde am 16.03. versandt und wurde bislang (Stand 19.3.) von 1122 Personen unterschrieben.
Sehr geehrter Herr Landesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl,
mit diesem Brief verleihen wir unserer tiefen Besorgnis bezüglich der Entwicklung der steirischen kulturellen Landschaft Ausdruck. Anlass hierfür ist die sehr überraschende Neubesetzung des Kulturkuratoriums.
Unter den steirischen Kunst- und Kulturschaffenden ist der Unmut groß – sowohl über die Zusammensetzung des neuen Kuratoriums als auch über den handstreichartigen Bestellungsvorgang. Bei einigen Vertretern des Kuratoriums erkennen wir keinerlei fachliche Kompetenz in der zeitgenössischen Kunst – oder generell im kulturellen Feld. Allem Anschein nach war bei einigen Besetzungen die politische Affiliierung und nicht das entsprechende Fachwissen der ausschlaggebende Faktor. Das Vorgehen steht somit klar entgegen der im Landtag beschlossenen Kulturstrategie 2030 sowie dem Landeskulturförderungsgesetz, wonach parteipolitische Einflussnahme zurückgedrängt und unabhängiger Expertise Vorrang gegeben werden muss. Ein nicht fachlich, sondern rein parteipolitisch besetztes Kulturkuratorium wird unabsehbare negative Folgen für das lebendige Kulturland Steiermark und die künstlerische Vielfalt unseres Bundeslandes haben.
In seiner neuen Zusammensetzung spiegelt das Kuratorium außerdem in keinster Weise die Komplexität des kulturellen Feldes wider: so gut wie niemand hat Erfahrungen in der freien Szene, nur wenige sind in den Regionen angesiedelt, wir vermissen Personen aus der mehrsprachigen oder ethnischen Kulturarbeit, es gibt kaum Fachleute aus der zeitgenössischen und experimentellen Kunst und kaum überregionale Expertise. Außerdem weist das Geschlechterverhältnis erneut eine gravierende Schieflage auf. Ein derart einseitig besetztes Kuratorium wird der Vielfalt des kulturellen Feldes sicher nicht gerecht.
Manche Vertreter des Kuratoriums haben eine große Nähe zur rechtsextremen Szene. Mit ihrem Handeln setzen sie sich aktiv für die Stärkung und Verbreitung geschichtsrevisionistischen und rechtsextremen Gedankenguts ein. Solche Persönlichkeiten in zentralen Beratungsfunktionen sitzen zu haben, kommt einem kulturpolitischen Dammbruch gleich. Die Besetzung ist ein schwerer Schlag gegen eine steirische Kulturpolitik, die in bewährter Weise die Stärkung der Demokratie, des Miteinanders und die freie, kritische Reflexion und Weiterentwicklung der Gesellschaft zum Ziel hat – Werte, zu denen Sie sich mehrmals öffentlich bekannt haben.
Nicht unerwähnt sollen auch die bereits durchgeführten Kürzungen sein, die eine beträchtliche Anzahl an Initiativen und Kunstschaffenden betreffen. Einige dieser Kürzungen sind gravierend und bedrohen teils renommierte Initiativen, die über viele Jahre aufgebaut wurden und nun vor dem Aus stehen. Die Entscheidung, wer um wie viel gekürzt wird, erscheint zudem willkürlich und intransparent. Ihre öffentlichen Statements bezüglich der budgetären Lage waren bisher beschwichtigend. Diese Diskrepanz erzeugt einen schweren Vertrauensverlust, den wir überwinden möchten.
Wir bitten Sie um Klarstellung: Stehen Sie zu Ihrem Versprechen, sich für den Erhalt des Kulturlandes Steiermark in all seiner Vielfalt einzusetzen? Dann muss sich dies auch in der Zusammensetzung der entsprechenden Gremien abbilden. Sind Sie weiterhin für die in der Kulturstrategie 2030 formulierten Grundsätze? Dann müssen entsprechende Entscheidungen auch in diese Richtung getroffen werden. Bekennen Sie sich zur Kulturpolitik als Baustein zur demokratischen Weiterentwicklung von Gesellschaft? Dann können Vertreter der extremen Rechten nicht in zentralen Gremien sitzen. Stellen Sie sich gegen einen Kahlschlag an der kulturellen Szene der Steiermark? Dann erwarten wir von Ihnen, dass Sie als Vertreter unserer Branche in der Steiermärkischen Landesregierung eine adäquate Budgetsituation des für die Steiermark so wichtigen Sektors erwirken und durch Umschichtungen Mittel für die Kunst und Kultur frei werden.
Mit aller Dringlichkeit fordern wir als ersten Schritt die neuerliche Umbesetzung des Kulturkuratoriums. Es ist in seiner derzeitigen Form nicht tragbar. Für einen offenen Gesprächsprozess, in dem all diese Fragen besprochen werden können, stellen wir unsere Expertise sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Der offene Brief kann hier heruntergeladen werden.
Medienberichte: Der Standard (17.3.), gat.news (17.3.)
Es ist seeehr traurig, dass Kürzungen und Einsparungen IMMER in erster Linie über die Bildung(!!!!]) laufen. Musikunterricht in Schulen und Musikschulen sowie freie Theaterszene und die Förderung der Kulturschaffenden scheinen der Politik kein Anliegen zu sein. Sind kompetente Personen mit diesen Agenden betraut? Ich fürchte: nein!!!! Und das im KULTURLAND Österreich!!😪😪😪😪
Ich gestalte seit knapp 10 Jahren eine Radiosendung auf einem freien Radiosender und habe in dieser Zeit viele Kulturschaffende kennen und schätzen gelernt. Deren ökonomische Lebensrealitäten waren schon immer schwierig. Durch die aktuellen Entwicklungen gelangen sie aus finanziellen Gründen an die Grenze ihrer künstlerischen Überlebensfähigkeit. Selbiges gilt für all die vielen verschiedenen Kulturinitiativen, die mit ihrem vielfältigen Programm seit Jahrzehnten alle Regionen der Steiermark bespielen und für die dort lebende Bevölkerung aber auch den Tourismus wichtige Strukturen und Angebote geschaffen haben, die jetzt bedroht sind. Die Steiermark braucht eine lebendige und vielfältige Kulturszene!