Am Montag, den 6. November, hat der Landeskulturbeirat des Landes OÖ den “drohenden Kahlschlag” im Kulturbereich in einer Plenarsitzung einstimmig (20 dafür, 4 Enthaltungen) stark kritisiert. Auch die intransparente Vorgehensweise um die Neuordnung der Museumslandschaft wurde kritisch beurteilt. Apropo Intransparenz: Das Land OÖ hat diese Empfehlungen nicht veröffentlicht. Veröffentlicht wurde lediglich die Information, dass der Landeskulturbeirat über die Kürzungen informiert wurde – was er dazu sagt, wurde aber unterschlagen. Zufälligerweise sind uns die Unterlagen der Sitzung zugespielt worden. Hier die beiden Empfehlungen im Wortlaut:
- In den letzten Wochen wurde in den Medien intensiv über angebtliche geplante Veränderungen der inhaltlichen, organisatorischen und finanzielle Struktur einiger Kulturinstitute des Landes berichtet. Zugleich wurden Stimmen hauptsächlich Betroffener über erhebliche Informations- und Kommunikationsmängel laut.Der Landeskulturbeirat teilt die Sorge der in diesen Einrichtungen Verantwortlichen und empfiehlt im Sinne einer positiven Entwicklung der Kulturarbeit im Lande Folgendes: Die VertreterInnen der betroffenen Institute sollen künftig nicht nur bei der Lösung aktuell brennender Fragen, sondern auch bereits zu Planungsbeginn in die Verhandlungen miteinbezogen werden. Generell sollte intern wie extern transparente Kommunikation selbstverständlich sein.
- Auch über die Zukunft der “freien” Kulturförderung herrscht ein großer Mangel an Information. WIr hören viel über die magische Zahl Zehn: 10% des Kulturbudgets oder 10 Millionen Euro sollen eingespart werden; daraus ergeben sich durchaus unterschiedliche Sichtweisen und Konsequenzen, und auf dem Boden fehlender Kenntnis gedeihen Vermutungen wie Befürchtungen.Denn wenn es so sein sollte, dass das Einsparungspotential vornehmlich bei der freiwilligen Kulturförderung gesucht wird, sind große Einbußen zu erwarten. Diese könnten sich existenzbedrohend für alle privaten Kulturinitiativen, von der Basiskultur bis zur Volkskultur, von Kunst und Literatur bis zu Theater und Musik auswirken. Der Landeskulturbeirat appelliert an die Verantwortungsträger, es keinesfalls zu einem „Kahlschlag“ kommen zu lassen. Konkrete Informationen über Fakten und Maßnahmen in einem Klima der Offenheit sind wünschenswert.
Auch der Linzer Stadtkulturbeirat hat gestern eine Stellungnahme (Original als PDF) veröffentlicht. Er fordert eine grundlegend andere kulturpolitische Debatte ein, die sich nicht nach Einsparpotentialen orientiert, sondern sich nach inhaltlichen Kriterien orientiert:
Für ein Ende der Kürzungsdiskussion
Die kulturpolitische Diskussion war In den vergangen Wochen und Monaten – leider einmal mehr – von „Einsparungen“ geprägt. Wer vom Sparen spricht, der suggeriert, dass es von etwas zu viel gäbe. Dass man etwas nicht mehr brauchen würde. Diese Diskussion und die Art wie sie geführt schadet dem Stellenwert von Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft.Wir brauchen deshalb gerade in der Kulturpolitik wieder eine andere Begrifflichkeit. Eine Positive – die bei den Betroffenen wieder Perspektiven eröffnet, anstatt diese einzuengen, eine, die Künstlerinnen und Künstler nicht ausschließt und vor den Kopf stößt, sondern mit ins Boot nimmt. Vor allem muss man wieder wegkommen von den Kostenminimierungs-, den Einsparungs- und Zusammenlegungsdiskussionen der letzten Monate. Kunst und Kultur sollten in der öffentlichen Auseinandersetzung wieder als etwas wahrgenommen werden, dass es nicht zu viel, sondern – ganz im Gegenteil – noch immer zu wenig gibt. Man muss wegkommen von der Vorstellung, dass Kunst und Kultur eine Art „Luxus“ sein sollen, die Butter auf dem Brot, etwas, das sich die
Öffentliche Hand nur leisten kann, wenn man es sich leisten kann.Reformen
Auch wenn in letzter Zeit allgemein der Eindruck entstanden ist: „Reformen“ bedeuten nicht, dass man Angebote reduziert oder abschafft – sondern weiterentwickelt und verbessert, um neue Öffentlichkeiten und Zielgruppen zu erreichen, vorhandene Potentiale zu schöpfen, regionale und überregionale Kooperationen auszubauen, zusätzliche Erlöse zu lukrieren und vieles mehr.
Kurzum: Kultur ist ein Bereich, den es nicht zu „kürzen“ sondern weiter auszubauen gilt.
Dieser Ausbau ist eine der zentralen Maßnahmen des KEP.Reden wir wieder mehr über das Inhaltliche
Reden wir über die Kultur in dieser Stadt – und reden wir auch über die Museumslandschaft. Nicht zum Ersten Mal waren Lentos und Nordico Gegenstand von Spekulationen und Gerüchten. Es kann nicht unwidersprochen bleiben, wenn ein Vertreter des Landes OÖ von der Schließung einer Einrichtung spricht. Reden wir über eine Vertiefung in der Qualität des Angebotes und darüber, was man besser machen kann, und nicht was man billiger oder weniger machen soll. Reden wir über Erfolge – wie zum Beispiel die Klemens Brosch Ausstellung in LENTOS/NORDICO und Landesgalerie.Synergien
Wann immer von „Einsparungen“ und gerade wenn von „Synergien“ die Rede ist, darf neben den Existenzen von Künstlerinnen und Künstlern auch auf die dahinterliegenden Gewerke keinesfalls vergessen werden! Alle jene, die Grafiken, Plakate und Kataloge gestalten und drucken, die Instrumente bauen, Webseiten, Fotos und Videos beisteuern, Kostüme schneidern, die sich um
Bühnentechnik oder Gastronomie kümmern und vieles andere mehr, die mit ihren Leistungen also ganz wesentlich an der Produktion, Vermittlung und dem Funktionieren von Kunst und Kultur beteiligt sind – und die in der Diskussion um „Synergien“ meist untergehen. Synergien sind wichtig: Aber nicht um an allen diesen Ressourcen zu sparen.Zunehmendes Unbehagen
Auch die Stadt Linz hat bereits konkrete Einsparungen im Kulturbereich beschlossen. Dass, wie im Fall „Salzamt“, eine drohende Schließung am Ende doch verhindert wird, zeigt, dass Lösungen möglich sind, wenn der politische Wille da ist. Aber nach den Erfahrungen der letzten Jahre teilen wir die aktuellen Sorgen der Kunst- und Kulturschaffenden, verstärkt und unverhältnismäßig von „Einsparungen“ betroffen zu sein. Der öffentlichkeitswirksame Protest in der Landesgalerie und die von der KUPF initiierte Kampagne „Rettet das Kulturland OÖ“ sind Ausdruck einer zunehmenden
Verunsicherung unter den Kulturschaffenden und ein Weckruf an die Politik in Stadt und Land, sich der Diskussion zu stellen.Für eine Offene Diskussion
Die Linzer Kulturpolitik ist gut beraten, sich in dieser Diskussion an der Vorgehensweise des Landes OÖ kein Beispiel zu nehmen. Wenn die betroffenen KünstlerInnen und Kulturschaffende erst einmal ein Podium stürmen müssen, um sich in einer „Reformdiskussion“ überhaupt Gehör zu verschaffen, so heißt das auch, dass die entsprechenden Beteiligungsstrukturen nicht vorhanden waren oder versagt haben.
Die in den letzten Monaten medial gespielten „Kooperationsideen“ von Land und Stadt: Der Austausch, Abtausch oder die Zusammenlegung von Sammlungen. Die Schließung von Einrichtungen. Solche Maßnahmen wären gravierende Eingriffe in die städtische Kulturlandschaft mit weitreichendem kulturpolitischem Konsequenzen. Wie soll die Linzer Museumslandschaft einmal aussehen? Dieser Diskurs muss offen geführt werden.Das kulturelle Selbstverständnis einer Stadt
Brucknerhaus und Lentos-Nachbesetzung. Linz als „City of Media Arts“. Die Neuausrichtung des Linz-Festes. Einsparungen. Kooperationen … Bei allen kulturpolitischen Diskussionen und Entscheidungen standen und stehen wesentliche 2grundsätzliche Fragen im Raum. Was ist das kulturelle Selbstverständnis und wohin geht die Kultur in dieser Stadt? Und – gerade in einer Zeit des „Sparens“: Wer entscheidet künftig was leistbare Kultur ist, und was möglicherweise nicht.
Wie kann es sein, dass schon wenige Jahre nach der Beschlussfassung des KEP-Neu, sich diese Fragen erneut stellen? Was ist mit dem KEP passiert? Hätte nicht der KEP eine Antwort sein sollen – und das „Große Ganze“ definieren? Der KEP ist – im doppelten Sinn nicht erledigt! Es sind noch Baustellen offen. Nicht nur, aber gerade was die Freie nichtinstitutionalisierte Kultur betrifft, ist noch genug zu tun.Gemeinsam weiterdenken
Die Kulturpolitik der Stadt Linz ist einmal mehr gefragt, den Kulturschaffenden eine
Perspektive zu bieten. Wir laden die Politik ein, den Austausch zu suchen und sich
zu positionieren.Linz im November 2017